Er lächelte verschmitzt. Über die Vorstellung der Menschen, er würde sich durch den Schornstein quetschen, um die Geschenke nach unten zu bringen.
Klar, er hatte einen Rentierschlitten und sein Gespann zog ihn schneller durch luftige Höhen als dies am Boden möglich gewesen wäre. Die fliegende Fortbewegung hatte außerdem einen weiteren, entscheidenden Vorteil. Kein Mensch sah ihn, wenn er sich in der Nacht von 24. auf 25. Dezember, von der am Nordpol liegenden Zentrale, auf den Weg machte und die Geschenke-Regionen schneller erreichte, als dies mit Fluggeräten menschlicher Bauart möglich gewesen wäre. So konnte er jeden direkten Kontakt mit den zu Beschenkenden gezielt vermeiden.
Was von unten wie eine Sternschnuppe aussah war tatsächlich er, mit seinen neun magischen Rentieren. Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupid, Donner, Blitz und Rudolf!
Dadurch, dass ihn noch nie jemals Kinder und auch nicht Erwachsene zu Gesicht bekommen haben, war es einfach, zwei Illusionen aufrecht zu erhalten. Die Erste für Kinder darüber, dass er derjenige war, der die Geschenke brachte und die Zweite darüber, dass Erwachsene glaubten, es gäbe ihn nicht und sie müssten ihren Kleinen die Geschichte über seine Existenz in Form von Illusion eins erzählen. Wie praktisch.
Da stoppte das Gespann. Die erste Adresse war erreicht. Sein magischer Sack füllte sich genau mit den Geschenken, die er hier auszuliefern hatte. Trotz wuchtiger Gestalt schwang er sich sportlich über den Schlitten und landete sicher in der Luft, neben den mächtigen Kufen.
Über unsichtbare, jedoch nicht minder trittfeste Treppen marschierte er über den Giebel in Richtung Schornstein, begleitet von einem leichten Surren einer winzig kleinen, schornsteingerechten Transportdrohne. Auf seinem Smartphone erschien der Lieferschein für diese Adresse und er tippte auf den Button “Zustellen”.
Päckchen für Päckchen hievte die Drohne mit ihren Greifarmen aus seinem Sack und flog diese, ohne einmal anzuecken, durch den Schornstein nach unten, während er lässig an der Mayerbrugger-Verblechung des Kamins mit Mayerbrugger-Überdachung lehnte und seine Drohne arbeiten ließ.
Zufrieden blickte er auf Rudolf, seinen Gespannführer, der ihm zuzwinkerte und ebenso wie er, bewundernd auf das neue Dach blickte. Auch von Mayerbrugger. Total saubere Arbeit, das muss man den Dachdeckern und Spenglern wirklich lassen!
Er sah an sich entlang nach unten. Kein einziger Rußfleck, so sauber war alles hier oben!
Und obendrein noch gut gedämmt. So hörte man ihn sicher nicht. Ein schwebendes Gespann macht durchaus ein paar Geräusche, denn das Schnauben seiner Rentiere war nicht zu vermeiden.
“Seppi”, dachte er sich, “wir beide sind ein gutes Team. Mit deiner soliden Arbeit gibst du den Menschen ein sicheres Dach über den Kopf in kalten Winternächten und es ist eine wahre Freude auf von dir gedeckten Dächern zuzustellen!”
Da erschien schon der nächste Lieferschein auf dem Display seines Smartphones:
Josef Mayerbrugger GmbH & Co KG
Edmund-Eysler-Gasse 10
9020 Klagenfurt
Lächelnd schwang er sich auf seinen Sitz und schon schnaubte Leittier Rudolf los.
“Mama! Hast du das gesehen?”, fragte Emilia aufgeregt. Beide standen im Garten und blickten über ihr Hausdach nach oben.
“Ja”, sagte Barbara. “So eine wunderschöne Sternschnuppe. Und das zu Weihnachten. Wünsch dir was, Emilia.”
Emilia überlegte leise. "Hmm, ich wünsche mir ... ein Dachflächenfenster! Dann kann ich immer Sternschnuppen schauen!"
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